Transsexualität - Es gibt kein „falsches“ Geschlecht
Hallo Ihr Lieben!
In der EMMA-online tobt seit einigen Tagen eine heftige Diskussion um das Thema Transsexualität. Das möchte ich gleich mal zum Anlass nehmen hierfür eine neue Rubrik in meinem Blog einzurichten. :-)
Die Geschlechterrollen haben sich zwar aufgelockert, doch wird es im alltäglichen Leben weiterhin als „Normbruch“ wahrgenommen oder löst Irritationen aus.
Ich möchte nur an Conchita Wurst beim ESC erinnern. Er/Sie hat sich die Freiheit genommen zu leben, wie er/sie möchte.
http://www.aliceschwarzer.de/artikel/conchita-sprengt-die-geschlechtergrenzen-316987
Oft ist die Not von Menschen, die sich in ihrem Körper fremd fühlen allerdings so schlimm, so deprimierend, dass nur eine Geschlechtsumwandlung den inneren Konflikt lösen kann.
Die Diskussion in der EMMA wurde durch eine Frage an Alice ausgelöst:
http://www.emma.de/artikel/ask-alice-was-soll-ich-einem-transsexuellen-maedchen-raten-317489?page=1
Alice Schwarzer schrieb bereits 1981 einen aufschlussreichen Artikel über diesen inneren Konflikt von Männern u. Frauen, die sich in ihrem biologischen Körper fremd fühlen:
http://www.emma.de/artikel/das-dritte-geschlecht-264335
Auszug:
„Transsexuelle sind Menschen, deren Seele ein anderes Geschlecht hat als ihr Körper. Männer, die sich wie Frauen fühlen. Oder Frauen, die sich wie Männer fühlen. Ihr Konflikt zwischen Seele und Körper ist so groß, dass auch der Gesetzgeber seit 1980 die Anpassung des Körpers an die Seele erlaubt. Denn umgekehrt geht es nicht: die Seele ist stärker als der Körper, was nicht ohne Komik ist in einer Kultur, in der steif und fest das Gegenteil behauptet wird.
Heute läuft dieselbe Wissenschaft Gefahr, sich vor den Karren des Rückschritts spannen zu lassen: nämlich ihre Kenntnisse zur Geschlechterdressur statt zur Geschlechterbefreiung einzusetzen. Kritik tut not. In der Praxis aber muss es erlaubt bleiben, zu leben, wie's gefällt.
Dabei ist die Palette der Abweichungen breit. Manchen genügt die Freiheit zur "Unweiblichkeit" oder "Unmännlichkeit". Andere genießen die Ausflüge ins andere Geschlecht, den dress cross statt body cross.“
Die Not in einem „falschen“ Körper zu leben, kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings würde ich z.B. keinem Kind/Jugendlichen zu einer überstürzten OP raten. Es gibt schon zur Genüge junge Mädchen, die überzeugt sind - dank Sexualisierung u. Pornographisierung - ihre Brüste müssten vergrößert werden, um diesem sexualisiertem Frauenbild zu entsprechen oder den Vorstellungen ihrer Freunde.
Das Rollenmuster zu durchbrechen u. als ersten Schritt in diesem Umwandlungsprozess das Leben eines Mädchen oder Jungen zu leben. Sich die Freiheit nehmen so zu leben wie es gefällt, ob als Junge oder Mädchen, als Frau oder Mann oder welches Geschlecht auch immer stimmig ist mit der Seele. Das wäre sicher ein Anfang.
Einen erneuten Druck aufzubauen indem zur OP gedrängt wird macht das Ganze zu einem Zwang u. artet fast schon in eine Form der Bevormundung aus, was „falsch oder richtig“ wäre. Es gibt kein „falsches Geschlecht“.
Es gibt die Wahl zwischen meinem Körper oder einem anderem Geschlecht, was mit mir persönlich konform geht oder nicht. Druck verschärft die ganze Situation noch. Die Freiheit zu wählen macht wirklich frei.
Wenn Kinder sich in ihrem eigenen Körper nicht Zuhause fühlen u. aus dem Geschlecht ausbrechen wollen, ist es ganz besonders schlimm. Dazu möchte ich gerne aus dem Trans-Kinder-Netz zitieren:
http://www.trans-kinder-netz.de/medizinisches.html
Auszug:
„Sollte die Diagnose Transsexualität gestellt werden, kann medikamentös die Pubertät gestoppt werden. Diese "Pubertätsblocker" werden erst nach einer psychologischen Begutachtung verabreicht. Der Stopp der Pubertätsentwicklung ist vollkommen reversibel (umkehrbar), es treten keine Schädigungen oder unerwünschte Wirkungen auf. Der Pubertätsstopp ist unserer Meinung nach außerordentlich wichtig, um dem Kind das Trauma des Durchlebens einer Pubertät "in die falsche Richtung" zu ersparen. Der so genannte Alltagstest, der darin besteht, dass über eine festgelegte Dauer in dem Identitätsgeschlecht nach außen sichtbar gelebt wird, ist eine weitere Voraussetzung für den Start der Hormontherapie.“
Die Formulierung mit der "Diagnose Transsexualität" im o.g. Artikel gefällt mir gar nicht, weil es nach "Krankheit" klingt. Aber die Krankenkassen übernehmen nur dann alle Kosten, wenn eine Diagnose gestellt wird.
In der EMMA gibt es auch noch einige interessante Artikel:
http://www.emma.de/artikel/transsexualitaet-das-transsexuelle-imperium-317495
http://www.emma.de/artikel/sexualitaet-identitaet-der-lange-weg-des-leslie-feinberg-263610
http://www.emma.de/artikel/transsexualitaet-eine-frau-wird-mann-317493
http://www.emma.de/artikel/wenn-aus-dem-kleinen-kerl-ein-pink-boy-wird-317497
http://www.aliceschwarzer.de/artikel/conchita-sprengt-die-geschlechtergrenzen-316987
Außerdem hilfreiche Links für Transsexuelle:
http://www.transsexuell.de/wegweiser-uebersicht.shtml
http://www.dgti.org/
http://atme-ev.de/index.php?option=com_content&view=section&id=2&Itemid=18
(Aktion Transsexualität und Menschenrechte)
http://www.transgender-net.de/Wirueberuns/wir.html
http://www.trans-kinder-netz.de/
http://www.g-institut.de/?Position_des_G-Instituts_zum_Transsexuellengesetz
Ich persönlich sehe es so ähnlich wie Alice. Erstmal im anderen Geschlecht einige Jahre leben u. den dress cross praktizieren, um mit dem anderen Geschlecht vertraut zu werden. Danach kann neu entschieden werden, ob ein body cross, eine operative Geschlechtsumwandlung nötig ist, um sich mit dem anderen Geschlecht zu identifizieren.
In meiner Jugend habe ich mich wohler gefühlt, wenn ich die Jungenrolle übernommen habe. Das Mädchensein kam mir viel zu bedrohlich vor. Als „Junge“ konnte ich mich prügeln, musste mich nicht erklären wenn ich mal wieder vom (Rad-) Fußball mit zerfetzten Hosen nach Hause kam u. galt damit sowieso schon als anders.
Ein männliches Mädchen? Es gab immer die passenden Schubladen. Röcke u. Kleider habe ich gehasst. Strumpfhosen waren nur gut, um damit meine Baumhäuser besser zu fixieren. Außerdem war ich regelmäßig in Mädchen verliebt. Darüber wurde selbstverständlich nie gesprochen, damit hätte ich ja das nächste Stigma am Hals. Mann-Weib und lesbisch.
Von Transsexualität habe ich erst als Erwachsene etwas gehört. Mein Glück. Denn inzwischen fühle ich mich relativ wohl in meinem Frauenkörper. Ich bin meinen „Jungenklamotten“ allerdings treu geblieben als Frau. ;-)
Der Bruch mit den Geschlechterrollen. Ganz ehrlich: Es lebt sich damit viel freier.
Ich wünsche Euch eine gute Woche
und liebe Grüße
Violine