30.05.2005 um 18:50 Uhr
30.05.2005 um 14:37 Uhr
Die Welt als Spiegel
Wenn die Welt, wie Fichte sagt, nur das Material für ethische Bewährung ist, dann habe ich gestern so richtig versagt: eigentlich halten wir uns ja schon für gute Menschen, wenn wir zumindest vermeiden Böses zu tun. Und was den Rest betrifft, ist uns doch unsere Bequemlichkeit um einiges lieber, als gegen Windmühlen anzurennen, sich aufzuopfern und doch nur Tropfen auf heiße Steine zu bewirken. Ich rede mich auch immer in dieser Weise heraus und verweise mein Gewissen auf meine generelle Zwiespältigkeit den Menschen und der Schöpfung gegenüber.
Nun: gestern, als ich mit ein paar Freunden eine lange Radtour gemacht habe, kamen wir zum Auto zurück, und direkt vor meiner Beifahrer-Tür lag ein winzig-kleiner Vogel, vermutlich aus dem Nest gefallen oder gestoßen worden. Er war so schwach, so hilflos, ich konnte ihn nicht liegen lassen. Andererseits, muss ich gestehen, dass ich Vögel wirklich hasse, ja mich vor ihnen ekle, aber dieser Vogel war wie ein Zeichen… Wir nahmen ihn im Auto erstmal mit, und ich fütterte ihn mit Traubenzucker und gab ihm Wasser, bis er sich ein kleines bisschen weniger angstvoll im Fahrradhelm zusammenkauerte… Ich beobachtete ihn und das schwache Schlagen seines Herzens und dachte nur wie grausam, nein, wie vollkommen gleichgültig die Natur ist… Und zugleich tat es mir einen Stich, weil ich genau fühlte, dass das Leben dieses Vogels von mir abhängig sein könnte, auch ich bin Natur, aber vielleicht auch noch etwas anderes… vielleicht, und wenn ja, dann hätte ich mich weiter um ihn kümmern müssen.
Ich überließ ihn aber meinem Freund L., der sagte, er würde ihn vielleicht einer seiner Schülerinnen geben (er unterrichtet nebenbei). Fühlte mich sehr schlecht, so als ob der Vogel mir einen Spiegel vorgehalten hätte: ich habe es nicht vermocht Verantwortung zu übernehmen, selbst dann nicht wenn sie mir, (im wahrsten Sinne des Wortes) vor die Füße fällt.
28.05.2005 um 10:15 Uhr
Das späte Ich
"O Seele, um und um verweste,
kaum lebst du noch und noch zu viel, [...]"
(Aus: Gottfried Benn: Das späte Ich III)
27.05.2005 um 17:04 Uhr
Träume, weil sonst nichts passiert...
Heute Nacht träumte ich von Claudia: ich besuchte sie in einer Dachgeschosswohnung. Die unteren Räume waren gänzlich ausgebrannt, aber oben ihre Wohnung war völlig unbeschadet... hmm, weiß bei solchen Träumen immer nie, in welche Richtung ich so etwas interpretieren soll... Heißt es jetzt, dass ich innerlich vollzogen habe, dass nur auf einer geistig-intellektuellen Schiene mit ihr ein weiteres Verständnis möglich ist, oder heißt es, dass sie noch immer in meinem Kopf herumspukt. Ist es jetzt gut, dass ihre Wohnung bestehen bleibt oder wäre es nicht viel schöner gewesen, wenn alles bis auf die Grundmauern runtergebrannt wäre...
Mein Traumleben ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Als ich mich damals von meiner Freundin trennte, träumte ich einer Gans den Hals solange umgedreht zu haben, bis sie schließlich starb... Das war wunderbar eindeutig... Da weiß man, dass man drüber weg ist...
26.05.2005 um 16:05 Uhr
Zu lieben gemacht, zu leiden
"Drum bleibe dies. Ein Sohn der Erde
Schein ich; zu lieben gemacht, zu leiden."
(Friedrich Hölderlin: Die Heimat, 6. Strophe, Vers 3+4)
25.05.2005 um 16:19 Uhr
So leben wir also weiter...
23.05.2005 um 12:45 Uhr
Vorbei
20.05.2005 um 15:55 Uhr
Schlafrhythmus
20.05.2005 um 08:57 Uhr
Scheitern
"Ich lege mich auf eine Wiese in die Sonne. Und jetzt auf einmal der Schmerz, während ich in dieser so sanften Wiese liege, mitten in dieser so freundlichen, so beruhigenden Landschaft. Alles, was Quelle der Teilnahme, der Lust, der unschuldigen Sinnesharmonie hätte sein können, ist zu einer Quelle von Unglück und Schmerz geworden. Gleichzeitig empfinde ich heftig die Möglichkeit der Freude. Seit Jahren marschiere ich an der Seite eines Gespenstes, das mir gleicht und das in einem theoretischen Paradies lebt, in engster Beziehung zur Welt. Ich habe lange geglaubt, dass es mir möglich wäre, diese Gestalt zu erreichen. Jetzt nicht mehr. [...] Die Landschaft ist jetzt sanft, so freundlich und froh, dass mir die Haut weh tut. Ich bin mitten im Abgrund. Ich spüre meine Haut wie eine Grenze; die Aussenwelt ist das, was mich zermalmt. Heilloses Gefühl der Trennung; von nun an bin ich ein Gefangener in mir selbst. Die sublime Verschmelzung wird nicht stattfinden; das Lebensziel ist verfehlt."
(Aus: Michel Houellebecq: Ausweitung der Kampfzone)
13.05.2005 um 18:12 Uhr
Welt und Du
Ich müsste mich wohl in irgendwas Heiliges flüchten, um das alles irgendwie ertragen zu können... Welt-Liebe aus verfehlter Menschen-Liebe, oder so was ähnliches... Und in der Tat kämpfe ich mehr damit eine Rechtfertigung für das Dasein zu finden, als damit es mir erträglich einzurichten...
Vor Jahren las ich bei Marcel Pagnol mal eine schöne Stelle: darin vergleicht eine Figur das Dasein der Menschen mit einem dunklen Turm in den wir alle eingesperrt seien und in dem wir dazu verdammt seien Strohmatten zu flechten. Daraufhin entgegnet der andere, dass dem wohl so seie, doch er kümmere sich nicht weiter um die Strohmatten und um die Enge des Turms, denn er spiele lieber mit seinen Mitgefangenen die Spiele der Liebe... ja, irgendwie läuft es doch immer wieder auf Liebe hinaus...
13.05.2005 um 18:02 Uhr
Lästiges Absitzen
13.05.2005 um 17:41 Uhr
Zurück im unwirtlichen Nest meiner Traurigkeit
11.05.2005 um 16:57 Uhr
Abgründe der Leidenschaft
André Gide lässt in den 'Falschmünzern' eine Überlebende eines Schiffsunglücks eine schaurige Geschichte erzählen: die Überlebenden drängten sich in die wenigen Rettungsboote und als diese voll waren, wurden denjenigen, die immer noch versuchten sich aus dem kalten Meer in das Rettungsboot zu retten mit einem Messer die Finger abgeschnitten.
Mit Gefühlen, mit Leidenschaften ist es ganz ähnlich. Manchmal ist es notwendig sie radikal abzuschneiden, damit sie nicht zu einem ins Boot steigen können und man zu versinken droht... wenn dabei nicht diese leise-treibende Kraft wäre, die sich das Versinken geradezu wünscht...
11.05.2005 um 16:48 Uhr
Magnolia
10.05.2005 um 13:40 Uhr
Hiersein ist herrlich
Was bringen eigentlich alle diese Gedanken? dies ständige Drehen im Kreis, das sich immer wieder von neuem an der Zumutung Mensch zu sein entzündet...?
Nietzsche schreibt über die Griechen, sie waren oberflächlich aus Tiefe heraus... Wünsche mir auch diese Art von Oberflächlichkeit... Wenn man das Ideal einer vollkommen-glückseligmachenden Welt nur ausklammern könnte, wenn sich die Seele nur irgendwann an ihr Körper-Gefängnis gewöhnen könnte, es annehmen könnte... vielleicht könnte man dann doch wie Rilke irgendwann ausrufen "Hiersein ist herrlich"... Aber wie verwandelt man Hass in Liebe?
10.05.2005 um 13:30 Uhr
Tätigsein
06.05.2005 um 15:55 Uhr
Ich lasse mein Gesicht auf Sterne fallen...
„Ich lasse mein Gesicht auf Sterne fallen,
die wie getroffen auseinander hinken.
Die Wälder wandern mondwärts, schwarze Quallen,
ins Blaumeer, daraus meine Blicke winken.
Mein Ich ist fort. Es macht die Sternenreise.
Das ist nicht Ich, wovon die Kleider scheinen.
Die Tage sterben weg, die weißen Greise.
Ichlose Nerven sind voll Furcht und weinen."
(Paul Boldt: In der Welt)
04.05.2005 um 15:15 Uhr
Vorabend der Wahrheit
Habe eben eine lange mail an Claudia geschrieben und sie dann doch wieder gelöscht... Wenn ich ihr jetzt sage, was ich empfinde, ist nichts mehr so wie es vorher war. Aber was mich jetzt so stört ist, dass ich mir falsch vorkomme in ihrer Nähe... Bislang haben wir unbefangen über Dinge sprechen können, aber jetzt scheint es als ob es eine gegenseitige Spannung zwischen uns gibt, die jede Kommunikation unnatürlich erscheinen lässt...
Und wenn ich mit ihr zusammen bin, dann denke ich, es ist besser ihr zu schreiben, doch wenn ich was geschrieben habe, dann denke ich wieder, ich sollte es ihr sagen...
Nur langsam bin ich es wirklich leid, dieses Deuten von Signalen, Zweideutigkeiten sehen wo vielleicht gar keine sind, ist sie nervös, weil sie von mir angenervt ist, oder weil sie vielleicht nur genauso verkorkst ist wie ich...