Google hat die Internetsuche grundlegend verändert: Ab sofort können sich Nutzer in Deutschland in den sogenannten KI-Modus begeben und dann mit einem Chatbot sprechen, der eigenständig Antworten formuliert. Dabei bezieht er sein Wissen auf Basis echter Webquellen. Was wie ein praktischer Fortschritt klingt, wirft aber doch ein paar Fragen über Urheberrechte, Informationsqualität und die Zukunft journalistischer Inhalte auf.
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Google startet den KI-Modus in Deutschland
Googeln gehört zum Alltag: Minute für Minute werden weltweit fast 10 Millionen Suchanfragen gestellt. Dass der Konzern seine Suchmaschine nun spürbar verändert hat, betrifft also praktisch jeden. Jetzt gibt es mit dem KI-Modus die Möglichkeit, dass über ein Chat-ähnliches Suchformat Fragen gestellt werden, deren Antworten die KI generiert. Die Daten holt sich der Chatbot aus dem Netz.
Anders als bei der klassischen Suche, die eine Liste von verschiedenen Webseiten liefert, erstellt der neue Modus eine zusammengefasste Antwort. Der Nutzer kann anschließend Rückfragen stellen, um das Thema zu vertiefen. Damit verwandelt sich die Suchmaschine schrittweise in eine Antwortmaschine. Das ist ein Konzept, das Google bereits seit Anfang 2023 als Vision verfolgt.
Nick Fox, bei Google verantwortlich für Suche und Anzeigen, erklärte bei einer Pressekonferenz in Berlin: „Die klassische Suchmaschine hat Informationen gesammelt, jetzt kombinieren wir sie mit Intelligenz.“ Die neue Funktion ergänzt die schon bekannte „KI-Übersicht“, die der deutsche Nutzer seit Monaten in der Suchleiste hat. Der KI-Modus erweitert das Prinzip und soll komplexe Anfragen besser strukturieren können. Der Modus ist über einen zusätzlichen Reiter neben der Web-, Bilder- oder Produktsuche erreichbar.
Ein Chatbot im Herzen der Suchmaschine
Der KI-Modus erinnert optisch an Systeme wie ChatGPT oder Googles eigenes Sprachmodell Gemini. Auch technisch basieren sie auf ähnlichen Grundlagen. Dennoch hat das Unternehmen betont, dass der KI-Modus stärker auf Websuche und Quellenangaben ausgerichtet ist. In der Praxis bedeutet das, dass der Nutzer Antworten mit eingebetteten Links erhält, die dann auf die ursprünglichen Websites verweisen.
Hinter dieser Integration steckt weit mehr als nur ein Service-Gedanke. Google will sich mit diesem neuen Feature gegen die wachsende Konkurrenz durch generative KI-Systeme behaupten, die Fragen direkt beantworten, ohne dass der Nutzer überhaupt noch auf Webseiten gehen muss. Für Google steht also viel auf dem Spiel: Die Werbeeinnahmen des Konzerns basieren darauf, dass Menschen weiterhin auf Suchergebnisse klicken.
Verlage und Content-Ersteller befürchten, dass weniger Besucher auf ihre Seiten gelangen werden, wenn Googles KI schon die Antworten vorwegnimmt. In den USA und Großbritannien, wo der Modus bereits genutzt werden kann, haben Medienhäuser über sinkenden Traffic berichtet. Google weist diese Vorwürfe aber zurück. Laut Liz Reid, Leiterin der Suchabteilung, seien die Klickraten „insgesamt stabil geblieben“. Es ändere sich lediglich die Verteilung. Das heißt, manche Websites verlieren, andere gewinnen.
Die entscheidende Frage lautet: Woher bezieht die KI ihre Informationen?
Googles Algorithmus analysiert Milliarden von Webseiten und wählt dann entsprechende Inhalte aus, die als besonders relevant gelten. Doch das ist nicht ganz ohne Risiko. Wenn die KI-Systeme Textfragmente oder Ideen aus journalistischen Artikeln übernehmen, ohne dass ein Klick auf die Originalseite erfolgt, so verlieren die Urheber ihre wichtigste Einnahmequelle: Reichweite.
Google betont, dass qualitativ hochwertige Inhalte weiterhin belohnt würden. Artikel mit originellen Perspektiven oder tiefgehender Analyse hätten laut Reid demnach eine höhere Wahrscheinlichkeit, vom System hervorgehoben zu werden. Welche Kriterien aber konkret darüber entscheiden, bleibt jedoch geheim. So wie auch der Suchalgorithmus.
Das führt zu einem bekannten Phänomen: Suchmaschinenoptimierung (SEO). Ganze Branchen leben davon, dass Texte so gestaltet werden, dass sie dem Bewertungssystem von Google gefallen. Wer die richtigen Schlüsselwörter und Strukturen nutzt, der landet weit oben. Auch dann, wenn der Inhalt mittelmäßig ist. So geht es am Ende nicht darum, welche Seite objektiv und informativ über frisch gestartete Online Casinos berichtet, sondern welche in Googles Bewertungssystem passen. Deshalb sollte man auch mehrere Quellen heranziehen – bei Online Casinos helfen mitunter auch Testberichte, die von Spielern verfasst wurden.
Diese Mechanik wird dann scheinbar in der KI-Suche fortgesetzt. Wenn der Chatbot seine Antworten aus denselben Datenquellen generiert, basieren auch seine Texte auf dem, was am besten platziert und nicht unbedingt am besten recherchiert ist.
Die Schattenseiten der KI-Suche
Bereits jetzt gibt es einige Fachleute, die das gesamte Prozedere rund um Googles Ergebnisse kritisieren, weil hier über die Jahre an Qualität eingebüßt wurde. Zwischen hochwertigen journalistischen Beiträgen tauchen immer häufiger Seiten auf, die mit Werbung überfrachtet oder einfach nur auf Klicks getrimmt sind. Diese Schwächen könnten sich im KI-Modus sehr wohl potenzieren, weil die Maschine auf Grundlage derselben Treffer arbeitet.
Fakt ist: Google befindet sich aktuell an einem Wendepunkt. Die Vision, aus der Suchmaschine eine Antwortmaschine zu machen, verändert nicht nur die Art, wie Menschen Informationen finden, sondern auch, wie dann Wissen im Netz entsteht und in weiterer Folge verteilt wird.
Für Nutzer bedeutet der KI-Modus in erster Linie natürlich mehr Bequemlichkeit: weniger Klicks, mehr Zusammenfassungen und ein direkter Zugang zu Wissen. Für die Produzenten von Inhalten dagegen stellt sich die Frage, wie ihre Arbeit künftig sichtbar bleiben kann. Wenn die KI die besten Teile eines Artikels übernimmt, ohne dass jemand die Seite besucht, dann steht die wirtschaftliche Basis vieler Online Medien auf dem Spiel.
Gleichzeitig zeigt die Entwicklung aber auch ganz klar, wie schnell sich Informationsgewohnheiten wandeln. Vor 25 Jahren war das Eintippen einzelner Suchbegriffe ein riesiger Fortschritt. Heute reicht eine Frage in natürlicher Sprache und eine KI antwortet wie ein Mensch.