Der Plan war klar: Mit dem Glücksspielstaatsvertrag, der vor vier Jahren in Kraft getreten ist, sollte das digitale Spielen in geregelte Bahnen gelenkt werden. Mit klaren Regeln sollte der Spielerschutz verbessert werden, zudem ging es darum, den Schwarzmarkt zu bekämpfen. Heute zeigt sich aber, dass das Regelwerk in der Praxis aber nicht so funktioniert, wie man sich das anfangs gedacht hat. Denn statt Ordnung herrscht Frust. Einerseits bei den Spielern, andererseits bei den Betreibern. Die Politik muss reagieren, aber was muss sich ändern?

Zwischen Ideal und Realität

Als der deutsche Glücksspielstaatsvertrag im Jahr 2021 in Kraft trat, wurde von Seiten der Politik ein historischer Schritt gefeiert. Endlich war ein bundesweites Regelwerk geschaffen worden, um die unterschiedlichen Landesgesetze ablösen zu können. Die Politik lobte sich dafür, dass es endlich einheitliche Standards im Online Glücksspiel gab. Aber was steht im deutschen Glücksspielstaatsvertrag geschrieben?

Im Mittelpunkt steht der Schutz der Spieler, in weiterer Folge die Bekämpfung illegaler Anbieter. Die Regeln waren zudem von Anfang an klar: In Deutschland sind nur noch lizenzierte Betreiber befugt, ihre Dienste anbieten zu dürfen. Es gibt ein monatliches Einzahlungslimits von 1.000 Euro, die Werbung für das Glücksspiel ist stark eingeschränkt und Live Casinos sind komplett verboten. Des Weiteren dürfen Spieler bei Automatenspielen maximal 1 Euro pro Spin setzen und müssen nach jedem Dreh fünf Sekunden warten, bevor sie weitermachen können. Und es gibt OASIS, eine Sperrdatei. Wer sich selbst sperren lässt oder gesperrt wurde, ist für alle Anbieter mit deutscher Lizenz gesperrt. Man kann aber noch immer bei Anbietern ohne deutsche Lizenz spielen. Wer ohne OASIS Casino spielen will, muss hier nur nach Online Casinos Ausschau halten, die mit einer Lizenz einer internationalen Glücksspielbehörde ausgestattet sind. Aber nicht nur jene, die in der OASIS Sperrdatei sind, suchen nach Anbietern ohne deutsche Lizenz. Doch warum?

Die extra neu geschaffene Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder – kurz: GGL – sollte eigentlich für Ordnung sorgen, wird aber als das Symbol der Überregulierung wahrgenommen. Die Spieler fühlen sich bevormundet, die Anbieter hingegen beklagen, dass sie es unter diesen Bedingungen nicht schaffen können, konkurrenzfähig zu bleiben. Denn da in Deutschland strikte Regeln gelten, entscheiden sich viele Spieler für ausländische Plattformen, die attraktivere Spiele, höhere Boni und flexiblere Einsatzlimits haben. 

Ein Markt mit Schieflage

Natürlich sind die Folgen der strengen Vorgaben nach rund vier Jahren deutlich spürbar. Die klassischen Tischspiele wie Roulette, Blackjack oder Baccarat sind auf dem regulierten Markt fast zur Gänze verschwunden. Dabei zählen sie zu den beliebtesten Casinoformaten der Welt, vor allem in Kombination mit modernen Live Angeboten. Wenn man heute in Deutschland legal dem Glücksspiel nachgehen möchte, so findet man in den lizenzierten Casinos meist nur Automatenspiele, wobei deren Vielfalt hinter dem internationalen Standard zurückbleibt. Denn sie sind ja letztlich nur in Ausnahmefällen erlaubt, wenn einzelne Bundesländer spezielle Konzessionen vergeben – das ist bislang kaum geschehen. Damit bleibt das legale Angebot einseitig, während das internationale Publikum längst andere Standards gewohnt ist.

Die Konsequenzen dieser Einseitigkeit sind fatal. Immer mehr Nutzer weichen auf ausländische Plattformen aus, die ohne deutsche Lizenz operieren. Dort erwartet die Spieler nicht nur eine größere Auswahl, sondern auch wesentlich bessere Bonusprogramme und ein intensiveres Spielerlebnis. Ironischerweise wird damit genau das Gegenteil von dem erreicht, was man anfangs mit dem Vertrag bezweckte. Denn statt Spieler im legalen und sicheren Markt zu halten, treibt die Regulierung sie in die Arme der nicht kontrollierten Anbieter.

Wachsende Kritik und politischer Druck

Die Unzufriedenheit mit dem Glücksspielstaatsvertrag ist schon lange nicht mehr nur ein Thema unter den Spielern und den Betreibern. Auch innerhalb der Politik mehren sich die Stimmen, die eine Überarbeitung fordern. Vor allem steigt der Druck von der Länderebene, denn die Innenminister erkennen zunehmend, dass die Ziele verfehlt werden und daran ist das Regelwerk schuld. Vor allem ist die Bilanz mehr als nur ernüchternd: Der Schwarzmarkt wird immer größer, die legalen Anbieter geraten ins Hintertreffen und der versprochene Spielerschutz bleibt auf der Strecke. Des Weiteren entgehen dem Staat Einnahmen in Millionenhöhe. 

Die Kritiker sprechen hier von einem „Bürokratiemonster“, das mehr behindert als nützt. Vor allem seien die strengen Restriktionen rund um Einzahlungen und Einsatzlimits weltfremd. In einer Branche, die längst global vernetzt ist, verlieren die nationalen Alleingänge schnell ihre Wirkung. Während Malta oder Schweden flexible Lizenzsysteme mit fairen Spielerschutzmechanismen kombinieren, bleibt Deutschland im regulatorischen Stillstand stecken.

Blick nach vorn: Reform oder Stillstand?

Dass der Glücksspielstaatsvertrag nachgebessert werden muss, das scheint inzwischen unbestritten zu sein. Aber wie mutig ist die deutsche Politik, wenn es um tatsächliche Reformen geht, die mitunter auch ein paar Prinzipien über Bord werfen?

Die Balance zwischen Schutz und Freiheit kann als zukunftsfähige Lösung in Angriff genommen werden. Denkbar wäre etwa eine Reform, die weniger auf pauschale Beschränkungen setzt, dafür aber auf eine intelligente Regulierung: Dynamische Limits oder auch die Zulassung von Live Casinos unter strenger Aufsicht. Mit diesen Schritten könnte der legale Markt wieder attraktiver werden und gleichzeitig den Schwarzmarkt schwächen.

Noch ist aber unklar, ob der politische Wille alleine ausreicht, alte Kompromisse zu überdenken. Wenn Deutschland also im digitalen Glücksspiel nicht den Anschluss verlieren will, so braucht es mehr Pragmatismus und weniger Symbolpolitik.

Redaktion

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