Stimmung: gut
Sascha schrieb in einem Kommentar, in seinem Büro hängt ein Plakat. Darauf steht:
Alkohol ist ein sehr gutes Lösungsmittel.
Er löst hervorragend Arbeitsverhältnisse,
Ehen, Partnerschaften und Freundschaften.auf.
Er löst allerdings niemals Probleme!
Ich war achtzehn. Wir arbeiteten beide im gleichen Betrieb. Er wohnte fünfhundert Meter weiter, hatte ein Auto. So holte er mich morgens immer ab, nahm mich mit in die Firma.
Er war ein netter Typ, einundzwanzig Jahre alt. War der von vielen bewunderte King, denn er konnte viel Alkohol ab, ohne dass man es ihm zu sehr anmerkte. Er 'feierte' gerne, so auch an diesem Abend, in der Kneipe, in der wir abends noch waren.
Stiefeltrinken war angesagt, er gewann natürlich. Leerte wohl einige. Schien trotzdem noch klar, fast nürchtern. Um Mitternacht gings nach Hause. Wegen der Arbeit war frühes Aufstehen angesagt.
In dieser Nacht, kurz vor Weihnachten, fiel dichter Schnee, Schneetreiben ohne Ende, hohe Schneewehen. Trotzdem kam er recht pünktlich, kurz vor 6 Uhr mit seinem Auto. Ich wartete in der Dunkelheit und dem Schnee nicht lange. Es fuhr sich schlecht, zu sehen war auch nicht viel.
Mittags im Betrieb kamen mehrer Polizisten, gingen zu ihm hin, legten ihm Handschellen an, führten ihn ab. Sein Auto wurde auf einen Autotransporter verladen und sichergestellt.
Klar fragte ich mich, was los sei. Das erfuhr ich, als die Polizei mich befragte.
Er hatte, kurz bevor er bei mir war, einen alten Mann überfahren. Dieser starb daraufhin elendig in einer Schneewehe. Er war weitergefahren, hatte angeblich nichts gemerkt, ausser einen dumpfen Knall, den er auf einen Schneebrocken zurückführte.
Auf der Arbeit trank er noch drei Bier, Nachtrunk, sagte die Polizei, sein Restalkohol soll wohl 2.1 Promille gewesen sein.
Wegen Fahrerflucht, Alkohol am Steuer, fahrlässiger Tötung und unterlassene Hilfeleistung wurde er, ich glaube, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Polizei war der Meinung, der Mann hätte noch gerettet werden können, wenn er angehalten und Hilfe geholt hätte. So ist er an seinen Verletzungen und Erfrierungen, im Schnee, gestorben.
Das zeigt, Alkohol ist nicht nur ein Lösungsmittel, es kann einen auch hinter Gittern bringen. Leben zerstören.
Es ist heute noch ein merkwürdiges Gefühl, ich stehe da im dunklen Schneetreiben, und 400 Meter weiter stirbt ein Mensch in einer Schneewehe. Ohne dass ich es wusste. Und er? Ja er war an diesem Morgen, ansich wie immer. Wie an jedem anderen Morgen.
Obwohl er wissentlich, oder auch unwissentlich, gerade einen Menschen getötet hatte.
Ein wenig fühlte auch ich mich schuldig, das ich nichts bemerkte. Aber auch wenn er mich nicht abgeholt hätte, er hätte zur selben Zeit, die gleiche Strecke fahren müssen.